Forum und Treffpunkt rund um Versorgung von Frauen bei Risikoschwangerschaften und von Frühgeborenen

 

30.10.2023

Schwangere und Kinder der Region mit besonders anspruchsvollen Bedürfnissen eine optimale medizinische Versorgung zu ermöglichen – das ist Ziel des Perinatalzentrums Nordostbayern mit den Standorten in Amberg (Klinikum St. Marien) und Weiden (Kliniken Nordoberpfalz). Beim 13. Herbstsymposium des PNZ standen die neue Struktur und die Versorgungsabläufe ebenso im Fokus wie die Frühgeborenen-Pflege und verschiedene perinatologische und neonatologische Fachthemen.

Dr. Fritz Schneble, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Weiden, konnte hierfür rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßen, darunter Hebammen, Pflegekräfte, niedergelassene Gynäkologen und Kinderärzte sowie Ärzte aus den Kinder- und Frauenkliniken in Amberg und Weiden oder dem Sozialpädiatrischen Zentrum.

Der Weidener Chefarzt ging auf die Erhöhung der durch den GBA geforderten Mindestmengen für Frühgeborene unter 1.250 Gramm ein, die ab dem kommenden Jahr für Level-I-Zentren erneut von 20 auf 25 erhöht wurde. Eine Beibehaltung des Level-I in Weiden und Amberg hätte das Risiko nach sich gezogen, dass beide Standorte ihren Status der Level-I-Versorgung verloren hätten, wenn die Mindestmengen nicht erfüllt worden wären. Er stellte die neue Struktur des „gestuften Verbund-Perinatalzentrums“ mit Level-I-Versorgung in Amberg und Level-II in Weiden seit Januar 2023 und die bisherigen Erfahrungen vor. Dabei werden Schwangere mit einer drohenden Frühgeburt, die die Level-I-Kriterien erfüllen (vor 29. Schwangerschaftswoche und unter 1.250 Gramm), an das PNZ in Amberg verlegt bzw. eine solche Verlegung empfohlen. Sobald die Level-II-Kriterien erfüllt werden (ab 29. SSW und über 1.250 Gramm), kann die weitere Betreuung am Klinikum Weiden erfolgen. „Werden die Frühgeborenen in Amberg geboren, wird den Familien eine heimatnahe Verlegung nach Weiden angeboten, sobald die Kinder stabil sind und eine Verlegung ohne Risiko medizinisch vertretbar ist“, so Dr. Fritz Schneble. Sind die Kinder ausreichend stabil, können sie nach 29 Tagen auch dann heimatnah verlegt werden, wenn sie weniger als 1.250 Gramm wiegen.

Bisher wurden acht Frühgeborene von Amberg nach Weiden verlegt. „Dieses Angebot wird von den Familien sehr gern angenommen, weil damit mehr Kontakt zwischen den Eltern und dem frühgeborenen Kind möglich ist“, betonte der Weidener Chefarzt: „Mit dem derzeitigen Konzept haben wir eine gute langfristige Perspektive für die weitere Beibehaltung der Level-I-Versorgung in unserer Region.“

Über die intrauterine Wachstumsstörung von Feten informierte Prof. Dr. Holger Maul, Chefarzt für Geburtshilfe und Pränatalmedizin der Asklepios Klinik Barmbek Hamburg. Er zeigte für diese Fälle Differentialdiagnosen auf und welche Ursachen hier zugrunde liegen können. Dies habe dann auch Auswirkungen auf die Diagnostik.

Jeanette Wellan, Intensiv-Kinderkrankenschwester am Klinikum Amberg, referierte über Entwicklungsfördernde individuelle Betreuung (EFIB) von Frühgeborenen. In Studien seit mehr als 20 Jahren habe sich gezeigt, dass die spätere Entwicklung von Extrem-Frühgeborenen gefördert werden könne, wenn vom Zeitpunkt der Geburt bis zur Entlassung darauf geachtet wird, eine enge Eltern-Kind-Bindung und kontinuierlichen Kontakt zu ermöglichen und zu fördern. Alle eingebundenen Berufsgruppen sollten daher auf Signale und Verhalten der
Kinder achten, eine Selbstregulation der Kinder ermöglichen und die Sinneswahrnehmungen fördern: „So können Irritationen und Schmerzerlebnisse bei kleinen Frühgeborenen weitestgehend minimiert werden.“ Bei beiden Partnern des Verbund-Perinatalzentrums werden die Grundsätze der entwicklungsfördernden Frühgeborenen-Versorgung seit vielen Jahren beachtet und erfolgreich in der täglichen Patientenversorgung implementiert.

Die etablierte und bewährte Versorgung von Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten stellte Prof. Dr. Torsten Reichert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Regensburg vor. Er wies darauf hin, dass die Fehlbildungen meist bereits bei der sonographischen Pränataldiagnostik auffallen und dann bereits pränatal eine ausführliche Beratung der Eltern erfolgen würde. Prof. Dr. Reichert stellte in mehreren Beispielen die Operationstechnik und OP-Vorbereitung vor, wodurch auch bei
sehr gravierenden Spaltbildungen kosmetisch und funktionell hervorragende Ergebnisse erzielt werden können. Bis zur operativen Versorgung ist in diesen Fällen aber eine intensive Anleitung und Begleitung der Patienten und ihrer Familien durch Hebammen, Kinderärzte, HNO-Ärzte und Logopäden wichtig, um ein optimales Behandlungsergebnis zu erreichen.

Im Anschluss an die Veranstaltung, die von Dr. Fritz Schneble und PD Dr. Thomas Papathemelis, Chefarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Amberg moderiert wurde, konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch über weitere aktuelle Entwicklungen austauschen.