Erfolgreiche Behandlung von Drillings-Frühgeborenen mit angeborener COVID-19-Erkrankung am Klinikum Weiden

 

25.02.2022

In der medizinischen Forschung gab es bisher nur wenige Fachartikel über eine Infektion der Plazenta mit CoVid-19 und einer daraus folgenden Übertragung von der Schwangeren auf das ungeborene Kind. Eine der ersten Veröffentlichungen zu diesem Thema kommt von Ärzten vom Klinikum Weiden über eine ohnehin besondere Schwangerschaft: Mutter Lena* und Vater Peter* mit den Drillingen Anna*, Julia* und Max* (*alle Namen durch das Ärzteteam geändert). Mitte Dezember feierten die Drillinge ihren ersten Geburtstag. Ginge es nach dem errechneten Termin, wären sie da aber noch gar nicht auf der Welt gewesen. „Eigentlich war es der 03. März 2021. Und bis drei Monate vor dem Geburtstermin war auch alles vollkommen in Ordnung“, erklärt das Ehepaar aus der nördlichen Oberpfalz. Dann aber infizierte sich Mama Lena* mit dem neuartigen Coronavirus SARS CoV-2 und erkrankte somit an COVID-19. Der Verlauf bei ihr war relativ mild.

Nach einem vorzeitigen Blasensprung kamen die Drillinge Mitte Dezember in der 29. Schwangerschaftswoche mit einem Gewicht von jeweils rund 1.000 Gramm durch Kaiserschnittentbindung auf die Welt – und zwar Corona-positiv. Eine Situation, die es zuvor am Klinikum Weiden noch nicht gegeben hatte und die auch in der Wissenschaft bisher fast gänzlich unbekannt war. Für die Behandlung und Betreuung von frühgeborenen Mehrlingsgeburten ist das Team der Frühgeborenen-Intensivstationen bestens ausgerüstet und qualifiziert, doch die COVID-19-Erkrankung der Kinder verschärfte die Situation. „Die frühgeborenen Drillinge waren von Geburt an mit COVID-19 infiziert und hatten eine schwere Lungenentzündung. Die primäre Infektion der Kinder wurde durch positive COVID-PCRs bei den Kindern direkt nach der Geburt, durch Virus-typische Blutbildveränderungen und durch einen COVID-19-Nachweis in der Plazentahistologie bewiesen. Zwei der Kinder mussten über einen längeren Zeitraum invasiv beatmet werden“, erklärt Dr. Fritz Schneble, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Weiden. Die ohnehin hohen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen wurden noch einmal verstärkt. Das bedeutete auch, dass Mama Lena* und Papa Peter* ihre Drillinge erst einige Tage nach der Geburt sehen konnten. „Wir wussten, dass unsere Kinder bestmöglich versorgt werden. Natürlich war es nicht so, wie wir es uns vorgestellt hatten, aber wir wussten auch, dass alles für sie getan wird“, betonen die Eltern.

Anna*, der jüngsten der drei Kinder, ging es dabei noch am besten. Sie benötigte keine invasive Beatmung, im Gegensatz zu Julia* und Max*, die mehrere Wochen auf der Frühchen-Intensivstation versorgt werden mussten. „In dieser Zeit haben sich die Kinder aber stabilisiert und gut weiterentwickelt. Eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin konnten wir die drei dann in sehr gutem Zustand nach Hause entlassen“, zeigt sich Dr. Fritz Schneble zufrieden mit den Ergebnissen der Behandlung. Vor allem, weil bis heute keine Spätfolgen der Infektion oder eine dauerhafte Organschädigung zu erkennen sind. Die gute Entwicklung der Kinder wird, wie bei allen kleinen Frühgeborenen mit diesem Geburtsgewicht üblich, weiterhin regelmäßig durch ein spezialisiertes, interdisziplinäres Team am SPZ Weiden (Sozialpädiatrisches Zentrum), überwacht. Auch hier ist das betreuende Team mit den raschen Fortschritten der Drillinge sehr zufrieden.

Doch wie kam es letztlich zu der Infektion der Kinder? Schnell nach der Geburt wurden entsprechende Untersuchungen vorgenommen. „Dabei wurde bei der Mutter eine Virämie mit SARS CoV-2 RNA nachgewiesen, das Erbmaterial des Virus war also im Blut zu finden. In der Plazentahistologie konnte direkt SARS-COV2- Protein als Beweis einer COVID-Infektion der Plazenta nachgewiesen werden.“, erklärt Dr. Fritz Schneble: „Die Infektion ist also im Mutterleib übertragen worden, die Kinder haben sich über die Plazenta der Mutter mit COVID-19 angesteckt.“ Dabei handelte es sich um einen der weltweit ersten Fälle. In Abstimmung und mit ausdrücklicher Genehmigung der Eltern veröffentlichte ein von Oberärztin Dr. Sigrid Disse koordiniertes Ärzteteam aus der Kinderklinik, Frauenklinik, Radiologie und des hiesigen Labors Synlab MVZ Weiden, zusammen mit externen Spezialisten verschiedener Universitätskliniken den Fall im renommierten wissenschaftlichen Fachmagazin Frontiers in Pediatrics (1) („Frontiers in Pediatrics“: Disse et al. (2021), COVID-19 in 28-Week Triplets Caused by Intrauterine Transmission of SARS-CoV-2-Case Report; https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fped.2021.812057/full)

Zum Zeitpunkt der Schwangerschaft standen offiziell empfohlene Impfungen noch nicht zur Verfügung – das ist jetzt anders. Die STIKO empfiehlt seit Herbst 2021 auch für schwangere Patientinnen eine Impfung. Etwas, was auch Dr. Ines Erhardt, Leitende Oberärztin der Frauenklinik Weiden, unterstreicht: „Wir haben diese Frage häufig bei der Geburtsplanung. Unsere Empfehlung ist eindeutig: Schwangere sollten sich gegen COVID-19 impfen lassen und auch die Booster-Impfung nutzen. Denn ein vollständiger Impfschutz bietet einen hohen Schutz vor schweren Komplikationen einer COVID-Infektion, sowohl bei der Schwangeren selbst als auch bei deren Kindern.“ Dr. Fritz Schneble ergänzt: „Man weiß heute, dass das Risiko einer Frühgeburt bei ungeimpften Schwangeren, die sich mit COVID-19 infizieren, im Vergleich zu geimpften Schwangeren doppelt so hoch ist. Auch die Wahrscheinlichkeit von Fehlgeburten oder einem Tod von Neugeborenen während des ersten Lebensmonats ist um ein Vierfaches höher.“

Im Dezember 2021 konnten Anna*, Julia* und Max* ihren ersten Geburtstag feiern, gemeinsam mit Bruder Hans* und Mama Lena* und Papa Peter*. Der nächste besondere Termin war der 24. Februar 2022. Da ist es genau ein Jahr her, dass sie nach Hause durften. Dass sie zu den wahrscheinlich außergewöhnlichsten Drillingen der Welt gehören, das werden sie wohl erst in ein paar Jahren erfahren.