Für manche Patienten zeigt sich im Lauf oder auch bereits bei Beginn der Behandlung, dass herkömmliche Therapien nicht den gewünschten Erfolg haben oder dass wesentlich besser verträgliche Therapien existieren. Häufig sind diese neuen Substanzen aber noch nicht zugelassen und werden daher im Rahmen von klinischen Studien getestet.

Diese dienen dazu, optimale Behandlungskonzepte für Patienten zu entwickeln. Von der ersten Entdeckung eines neuen Wirkstoffes in der Natur oder seiner Herstellung im Labor bis zur Verschreibung als hochwirksames Arzneimittel ist es jedoch ein weiter Weg. Bis ein Wirkstoff als Medikament in die Apotheken kommt, hat es einen jahrelangen Weg durch Studien und Testphasen hinter sich.

Klinische Studien im Detail

Die Entwicklung und Erprobung neuer Therapieverfahren oder Medikamente erfordert Geduld, Ausdauer und vor allem System. Denn die Behandlung einzelner Patienten kann zwar erste Erfahrungen vermitteln – verallgemeinern lassen sich diese jedoch nicht.
Der Grund hierfür: Die individuellen Unterschiede zwischen Patienten sind groß, und dieselbe Erkrankung kann ganz unterschiedlich verlaufen. In klinischen Studien werden daher Therapien an einer größeren Anzahl von Patienten statistisch geplant, systematisch überprüft und sorgfältig ausgewertet.

Durch die Ergebnisse klinischer Studien gewinnen Ärzte eine größere Sicherheit im Umgang mit neuen Behandlungsmethoden. Ärzte und Kliniken, die Studien durchführen, haben besondere Erfahrung und sind besonders gut qualifiziert. Für neue Behandlungsverfahren und Medikamente gibt es in Deutschland strenge Reglementierungen und festgelegte Verfahren, die durchlaufen werden müssen, bevor sie auf breiter Basis am Kranken angewendet werden dürfen.

Zunächst werden im Labor die physikalischen und chemischen Eigenschaften eines neuen Wirkstoffes oder einer neuen Behandlungstechnik in so genannten präklinischen Studien untersucht. Um den Einfluss des Arzneimittels auf den Stoffwechsel und mögliche Nebenwirkungen (Toxikologie) zu untersuchen, werden Tests im Experiment durchgeführt. Präklinische Versuche liefern Hinweise zum Wirkmechanismus, zur Dosierung und zur Verträglichkeit einer neuen Substanz.

Nur diejenigen Wirkstoffe und Behandlungsmethoden, die sich als sicher und Erfolg versprechend erwiesen haben, werden danach in der zweiten Stufe auch am Menschen geprüft.

Die Prüfung erfolgt in drei Phasen. In Deutschland dürfen nur solche Arzneimittel verschrieben und verkauft werden, deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nachgewiesen sind. Hierzu müssen sie vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) offiziell zugelassen werden. Voraussetzung für diese Zulassung ist, dass alle drei Phasen der Arzneimittelprüfung der Reihe nach erfolgreich durchgeführt wurden.

Klinische Arzneimittelprüfungen – und damit der erste Einsatz eines Medikaments am Menschen – dürfen jedoch erst erfolgen, wenn die Ergebnisse in der präklinischen Phase Erfolg versprechend ausgefallen sind.

Phase I:

Hier wird an einer kleinen Gruppe von Teilnehmern die Verträglichkeit des Arzneimittels überprüft. Untersucht wird außerdem in welchen Mengen das neue Medikament am besten verabreicht werden kann (Dosierung), wie der Wirkstoff im Körper aufgenommen wird, welche Konzentrationen in Blut und Urin erreicht werden und wie Abbau- und Ausscheidungsvorgänge ablaufen. Deswegen sind viele Blutentnahmen, Urinproben und eine ständige Überwachung notwendig.Es dürfen jedoch nur solche Patienten in eine Phase-I-Studie aufgenommen werden, für deren Erkrankung es noch keine wirksame Therapie gibt. Der Ehrlichkeit halber muss man an dieser Stelle darauf hinweisen, daß sich Risiken für die Beteiligten in dieser Phase nicht vollständig ausschließen lassen. Dennoch könnte es für diese Patienten eine Chance sein, erstmals Zugang zu einem neuen, wirksamen Medikament zu erhalten.

Phase II:

Auf den Informationen und ersten Erfahrungen aus der Phase-I-Studie baut die Phase-II-Studie auf. Nachdem am Ende der ersten Phase z. B. eine bestimmte Dosierung des neuen Arzneimittels beim Menschen vorgeschlagen wurde, erfolgt in der zweiten Phase deren weitere Überprüfung. Anhand der Ergebnisse der Phase II wird dann der optimale Dosierungsbereich festgelegt.

Phase III:

Hier soll die Wirksamkeit des neuen Medikaments belegt werden. An dieser letzten Stufe vor der Zulassung ist eine große Anzahl von Patienten (hundert bis tausend) beteiligt, die sorgfältig ausgewählt werden und bestimmte Ein- und Ausschlusskriterien erfüllen müssen. Die Studienteilnehmer sind meistens in zwei Gruppen aufgeteilt: eine wird mit dem neuen Arzneimittel behandelt, die andere nach der allgemein anerkannten Behandlung (Standarttherapie).

So ist ein direkter Vergleich zwischen „alt” und „neu” möglich. Wenn es für eine Erkrankung noch keine Behandlungsmöglichkeit gibt, ist der Vergleich mit einem Scheinmedikament ohne wirksame Inhaltsstoffe (Plazebo) für eine so genannte Kontrollgruppe vorgeschrieben. Treten Nebenwirkungen auf, werden diese sorgfältig registriert und dokumentiert.Neben den Ergebnissen aller vorhergehenden Untersuchungen ist das Ergebnis der Phase-III-Studie ausschlaggebend für die abschließende Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, ob ein neues Arzneimittel zugelassen wird oder nicht.

Phase IV:

In den Phase-IV-Studien stehen zugelassene Medikamente weiterhin auf dem Prüfstand. Während in der Phase III -Studie nur eine begrenzte Anzahl an Patienten behandelt wurde, kann jetzt ein wesentlich größerer Kreis von Patienten an der Studie teilnehmen, und zwar auch solche, die bisher dafür nicht in Frage kamen.

Sich auf Erreichtem nicht ausruhen, sondern immer wieder nach Verbesserungen suchen. Gerade bei Krebserkrankungen werden Nicht-Interventionelle Studien besonders häufig durchgeführt. Ziel ist dabei immer, die Behandlungsergebnisse zum Nutzen aller Patienten zu verbessern, indem die Heilungschancen vergrößert od. die Lebensqualität verbessert werden.

Meistens werden hier verschiedene Behandlungsmethoden mit erwiesener Wirksamkeit in anderer zeitlicher Abfolge oder mit anderen Dosierungsschemata angewandt oder neu kombiniert. Der Unterschied zur allgemein üblichen Therapie ist nicht sehr groß, dementsprechend ist das Risiko für den beteiligten Patienten gering und kann besser eingeschätzt werden.